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Mario Kotaska legt mit „Streetfood“ sein erstes Kochbuch vor. © AT-Verlag

Kotaska unterwegs

Noch keine 40 Jahre alt und schon jetzt ein bewegtes Leben hinter sich. Sternekoch Mario Kotaska arbeitet für ver­schiedene Fernsehformate, doch aktuell hat er sich eine Auszeit vom Betrieb der Sterne

Mario Kotaska legt mit „Streetfood“ sein erstes Kochbuch vor

Von der Sterne- zur Straßenküche. Ein mutiger Weg, den Mario Kotaska mit seinem ersten Kochbuch beschreibt. Dabei geht es keineswegs um Ressentiments gegenüber der Haute Cuisine, sondern schlicht darum, dass tägliche Essen bei aller feinen Kocherei nicht aus dem Blick zu verlieren. Gerade in einer mobilen Gesellschaft fehlt es sehr oft an der Ruhe und Gelegenheit ausgezeichnet zu essen. Und wer regelmäßig auf die Speisen angewiesen ist, welche einem die Stände an Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnraststätten offerieren, weiß ein Lied davon zu singen, dass man unterwegs oft auf Essen „to go“ also auf Essen zum Weglaufen angewiesen ist.

Dies ist auch der erste Punkt, auf den Mario Kotaska während unseres Gespräches zu sprechen kommt. „Wenn man wie ich viel Zeit auf Flughäfen oder in Bahnhofshallen verbringt, dann fragt man sich unweigerlich, ob dieses Angebot an Speisen wirklich so fad und langweilig sein muss. Ich kann diese Art der Gastronomie nicht ändern, aber ich wollte als Reisender nicht mehr von ihr abhängig sein. Also habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich gutes Essen mit auf Reisen nehmen kann.“

Streetfood, also schmackhaftes, frisch zubereitetes Essen, das man auf der Strasse kaufen und direkt verzehren kann, hat bei uns immer noch den Nimbus des Exotischen. Wir wähnen uns bei dem Wort und der Vorstellung stets in fernen Ländern. Streetfood hat in unserer Vorstellung etwas mit Thailand, Malaysia oder Lateinamerika zu tun. Dort kann man Köstlichkeiten einfach so am Straßenrand kaufen. Und hier?

Mario Kotaska legt den Finger auf die Wunde. Denn unter Streetfood versteht man zumeist nicht mehr als Pommes, Currywurst, Döner und verwandte Gerichte. Dabei leidet unser Verständnis von einfachem Essen. Einfaches Essen muss nicht nur satt machen, oder ausschließlich aus Salatblättern bestehen, es kann sehr wohl vielfältig, schmackhaft und auch selbst zubereitet sein.

„Ich habe mich gefragt, wie man sich selber leckere Dinge zubereiten kann, ohne den ganzen Tag in der Küche stehen zu müssen. Dabei stand auch die Frage im Raum, welche Gerichte kann man wie verpacken, um sie mit Genuss unterwegs essen zu können.“

So geht Kotaska in seinem Buch der Frage nach, was man alles „einfach“ selbst zubereiten kann, wie man sein Essen transportieren kann und wie man sich selbst die Angst vor der Zubereitung nimmt. Das aufwändigste Rezept des Buches – ein Proseccohuhn – schlägt von Beginn der Zubereitung bis zum fertigen Gericht mit 2,5 Stunden zu buche, allerdings hat es eine Garzeit von etwa 100 Minuten, die man nutzen kann, um sich und dem Huhn regelmäßig etwas Prosecco zuzuführen.

Kotaskas Buch richtet sich darauf, den Leser zu animieren. Er soll selber im Kühlschrank nachschauen welche Reste er findet, und was man daraus noch machen kann. Die Ehrfurcht vor dem Lebensmittel – die man eben nicht einfach als „Reste“ wegwerfen, sondern als Zutat verwenden soll - ist dem Koch und Autor ebenso anzumerken wie der Spaß am Kochen. Und genau darum geht es in diesem Buch: der Leser soll den Spaß am Kochen ohne großartige Vorbereitungen gewinnen. Und wenn man unterwegs ist, dann wärmt schon der Gedanke an die selbst zubereitete Suppe, die man in der Thermoskanne bei sich trägt.

Einfach leckeres Essen

„Natürlich musste ich darüber nachdenken, wie es möglich ist, Leuten die Angst vorm Kochen zu nehmen und ihnen zu zeigen, dass man wunderbare Sachen in der eigenen Küche zaubern kann. Sei es für unterwegs, das Büro oder als normale Freude zu Hause.“

Dabei sind die Gedanken, die Kotaska im Buch ausbreitet, konsequent durchdacht. Hier schreibt keiner, der Rezepte aus der Sternegastronomie weiter geben will, sondern jemand, der als Fernsehkoch viel auf Reisen ist und zugleich als Familienvater die tägliche Herausforderung kennt, am heimischen Herd alle für den Tag kulinarisch zufrieden zu stellen, ohne aus dem Kochen direkt einen zeitraubenden Beruf zu machen. Es muss schnell gehen, ohne viele Kochutensilien zu benutzen. Die Rezepte sind allesamt leicht zuzubereiten. Dabei schreckt Kotaska auch nicht davor zurück, ein Beispiel für ein belegtes Brot zu geben (wann gibt es so etwas schon mal in einem Kochbuch?) und fängt die einfachen Beispiele mit persönlichen Geschichten auf.

Dass die Rezepte manches Mal an schnelle Teller von Jamie Oliver erinnern, und es auch ein Rezept für Fish´n Chips gibt, ist letztlich der Thematik geschuldet, denn auch hier gibt es augenzwinkernde kleine Details, welche die Liebe des Kochs zu seinem Handwerk unterstreichen. Auf jeden Fall bekommt man sofort Lust den Fisch im Kölschteig nachzukochen.

Dabei besticht neben der Zubereitung der Gerichte – leicht, praktisch – vor allem die Auswahl der Rezepte. Hier kann man sich animieren lassen, ein Spießbratenbrötchen vom Spanferkel zuzubereiten oder Mini-Calzones für unterwegs. Ein Currywurstrezept findet sich hier ebenso, wie eines für rohen Döner im gegrillten Fladenbrot oder Deutsche Sushi. Ob herzhafter Ayran, Knollensuppe in der Sellerieschale oder Salat im Glas, die Präsentation der Gerichte animiert zum Nach- und Selberkochen. Denn Kochen mit Resten aus dem Kühlschrank, mit frischen Gemüsen, aromatischen Gewürzen und hochwertigen Fisch- und Fleischprodukten macht Spaß und regt die Fantasie an. Sei es beim Essen oder schon beim Kochen.

Und ganz nebenbei – aber keineswegs unbeabsichtigt  - schärft Kotsaka mit seinem Buch unseren Blick auf unsere täglichen Ernährungsgewohnheiten.

Für Sie gelesen

Mario Kotaska: Streetfood. AT-Verlag Aarau 2012, 200 Seiten, gebunden, 24,90€

Bei Amazon zu erwerben

Linktipps

Website Mario Kotaska

Website Bratwerk

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