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Macht auch optisch was her – die Linse | © Rainer Zenz, Quelle Von Rainer Zenz in der Wikipedia auf Deutsch - Eigenes Werk (Originaltext: Eigenes Foto.), Gemeinfrei, commons.wikimedia.org/w/index.php

Linse

Die Linse ist so anspruchslos wie reich an Mineralstoffen und Anspielungen

Nährende Vielfalt

In der jüdischen Tradition verkörpern Linsen auf Grund ihrer Form den Kreislauf des Lebens. Doch unabhängig von der äußeren Gestalt erweist sich das Hülsengewächs mit seinen reichhaltigen Nährstoffen als wertvolles Grundnahrungsmittel. Ein geschliffener Blick auf eine unscheinbare Frucht.

 

Linsen verfügen nicht nur über ein hohes Potential an Vitaminen und Eiweiß, sie liefern zugleich Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Natrium und Zink. Sie sind damit nicht nur ein wirksames Mittel gegen Stress und Krankheiten, sondern liefern uns auch den Stoff für ein festes Nervenkostüm.

Dennoch wird ihr Wert oft unterschätzt. Vielleicht sitzen wir diesem Irrtum gar seit biblischen Tagen auf. In der Genesis wird berichtet, wie Esau hungrig und ermattet von der Jagd bei seinem jüngeren Bruder Jakob ankommt. Er ist so ausgezehrt, dass er alles für ein nahrhaftes Gericht gäbe. Letztlich verkauft er sein Erstgeborenrecht und bekommt dafür tatsächlich alles, was der ermattete Körper und der leere Verstand brauchen. Und das im Tausch für etwas, auf das Esau keinerlei Wert legt.

„Jakob gab Esau Brot und ein Linsengericht und er begann zu essen und zu trinken. Dann stand er auf und ging seines Weges. So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht.“

Ist Esau nun klug oder einfältig, weil er sich auf den Tausch einlässt? Zumindest ernährungsphysiologisch ist Häme wie in Adolf Lorzing Singspiel „Der Waffenschmied“ unangebracht:

Die Dummheit bietet selten Zinsen,
sonst leistete ja Esau nicht
für einen Teller dicker Linsen
auf seine Erstgeburt Verzicht.

Jenseits von Bibel und entlehnten Sprichwörter ist oft noch unbekannt, über welche Sortenvielfalt die Linse verfügt. Denn neben den bei uns gebräuchlichen braunen Tellerlinsen gibt es die gelben und roten Linsen, die schwarzen Belugalinsen und die grünen Linsen aus Le Puy in der Auvergne - um an dieser Stelle nur die bei uns handelsüblichen Linsen zu nennen. Alleine in Indien gibt es über 50 verschiedene Sorten, die sich auf den Feldern und in den Rezepten des Subkontinents finden.

Mehr als eine Hülsenfrucht

Die Linse ist nachweislich eine der ältesten Kulturpflanzen. Domestizierte Linsen können in Griechenland für die Zeit von 7000 vor Christus nachgewiesen werden. Ihr Verbreitungsgebiet in antiker Zeit erstreckt sich von Kleinasien über den gesamten Mittelmeerraum. Mittlerweile werden Linsen auch in nördlichen Ländern kultiviert. Linsen sind zwar sehr anspruchslos, da ihre Ernte jedoch relativ aufwändig ist, werden sie in Deutschland lediglich auf den kargen Böden der Schwäbischen Alb und an einigen Stellen in Niederbayern angebaut.

Die Geschichte des Menschen ist derart eng mit der Linse verzahnt, dass er seinen Blick auf die Welt nach ihr benannte: Die Linse des Auges bekam wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Hülsenfrucht ihren Namen. Und noch eine optische Übereinstimmung geht auf die unscheinbare Hülsenfrucht zurück: die Linse als Sehhilfe. Erste systematische Ideen zur Verwendung von gewölbten Oberflächen gehen auf den islamischen Wissenschaftler Abu Ali al-Hasan ibn al-Haitham (964-1040) zurück. Mönche des Mittelalters greifen seine Ideen auf und entwickeln im 12. Jahrhundert einen Lesestein, der aus Beryll gefertigt wird und so der Brille ihren Namen gibt. Schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts werden Linsen zur Korrektur von Weit- oder Kurzsichtigkeit eingesetzt. Erste optische Apparate entwickeln Optiker und Forscher im Zuge des Aufschwungs der Naturwissenschaften gegen Ende des 16. Jahrhunderts.

Linsenschleifer des Denkens

Die Arbeit mit der technischen Linse wirft wiederum ein anderes Licht auf die Perspektiven des Geistes und des Wissens. Es ist sicherlich kein Zufall der Geschichte, dass in dieser Epoche mit Baruch de Spinoza ein Philosoph von sich reden macht, der dem Denken eine neue Optik verpasst. Noch weniger Zufall, da er nach seiner Verbannung aus der jüdischen Gemeinde von Amsterdam im Jahr 1656 seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung von Fernrohren und Mikroskopen verdient. Mithin ist Spinoza also zuerst ein passionierter Linsenschleifer, bevor er damit beginnt, seine bahnbrechenden Gedanken niederzuschreiben und zu veröffentlichen. Ob Baruch de Spinoza auch Linsen gerne aß, ist nicht überliefert. Aber das wäre auch Erbsenzählerei.

Und gastrosophisch betrachte lehrt uns diese Geschichte einmal mehr, dass es die Sinneseindrücke sind, die den Verstand anregen. Wenn sich gar zwei - wie am Beispiel der Linse das Schmecken und das Sehen - dabei gegenseitig fördern, um so mehr.

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