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Simply: Rössli |© Tartuffel

Ankommen in Laufen

Regionale Küche benötigt nicht nur einen ambitionierten Koch, sondern auch ambitionierte Produzenten und dazu ein Stammpublikum, das erste einmal ohne weite Anfahrtswege auskommen sollte. Gourmets kommen nur durch internationale Gazetten getrieben. Sie sind, wenn man so möchte die Antithese des Regionalen. Wie aber begeistert man die Menschen vor Ort für die eigenen Ambitionen? Eine Antwort findet man in Laufen.

Yannick Hänggi: Gehobene Küche alltagstauglich

„Manches Mal ist es schwer“ sagt Yannick Hänggi, mit vor dem Bauch verschränkten Armen. Doch seine Augen verraten, dass er das Hindernis nicht scheut, im Gegenteil, es ist ihm Herausforderung. Wo aber fängt er an, wenn er mit seiner Küche begeistern möchte? Bei den Produzenten? „Das ist schwer“, ein Mantra des erschöpften Kochs nach dem Abendservice? Nein, eine kleine Atempause, um dem Gast Gelegenheit zu geben, sich in die Situation einzufühlen. Wir befinden uns in einer kleinen, wunderhübschen Gemeinde im Kanton Basel-Landschaft mit knapp 6.000 Einwohnern. Die meiste Fläche der Gemeinde besteht aus landwirtschaftlich genutzten Böden und Wald. Die international bekannte Ricola AG – Richterich&Compagnie, Laufen – hat sich hier niedergelassen, ebenso wie die Laufen Bathrooms. Mehr Neuerungen, so scheint es, möchte man hier gar nicht haben, man ist mit dem zufrieden, was einem geboten wird.

„Ich habe einen Lieferanten für Kartoffeln hier aus der Nachbarschaft. Die Kartoffeln sind prima. Ich habe ihm schon zig Tonnen abgenommen. Aber ich habe ihn noch nie gesehen.“ Yannick schweigt einen Moment und betrachtet die leere Espressotasse, die immer noch wie ein überdimensionierter Ring seinen Finger ziert, als könne er ihn darin erblicken.

„Ich habe ihn schon oft ins Restaurant eingeladen, damit er sieht, was hier aus seinen Kartoffeln gemacht wird. Aber er kommt einfach nicht. Er hat kein Interesse. Er stellt mir die Kartoffeln in aller Frühe vor die Tür u d ich bezahle die Rechnung.“ Immerhin eine verlässliche Beziehung. Vielleicht aber verhält es sich wie mit dem Berg und dem Propheten und der Koch besucht seinen Kartoffelbauern einmal. Wir werden sehen. Andere Produzenten sind schon gefunden und der Nüssli-Salat erzählt ohne viel schnick-schnack von seiner würzigen Frische. Auch die Maronen und der Rosenkohl sind Kaliber, die in der Küche nicht mehr aromatisch übertüncht werden müssen, sie könnte auch als Solisten überzeugen, begleiten aber hier klug inszeniert in einer Trilogie mit knackigem Rotkohl die wunderbaren Wildschweinwürste – die durch Eigenaroma bei dezenter Würzung begeistert - eines befreundeten Metzgers – auch aus der Region. Die dazu gereichten leicht gedämpften Birnen runden das Vergnügen fruchtig ab.

Die Region schmeckbar machen

Das der Koch sich auf sein Handwerk versteht, zeigt dieser Gang exemplarisch: Die Produkte stehen im Vordergrund, die Würzung erfolgt gustatorisch vor allem über die Wurst. Und vielleicht ist es das, was uns Yannick zeigen will: So schmeckt die Region. Und damit betreibt er eine Kunst, die man einem jungen Koch nicht ohne Weiteres zutrauen würde. Er versteht es, sich in der Küche zurückzuhalten. Nicht er möchte wirken, die Produkte sollen die Region schmeckbar machen.

Das konnte man schon, wenn man nicht so überrascht gewesen wäre, am Amuse Bouche festmachen. Eine selbstgemachte Rahmbutter unter einer Haube von getrocknetem und geriebenem Wildschweinherz zeigt an, wohin die Reise im Rössli gehen wird. Abgehoben? Nein, im Gegenteil, durchdacht und bodenständig. Dabei immer auch die Menschen der Region im Blick behaltend. Denn die möchten auf Bekanntes zurückgreifen und nicht erst irritiert werden. Da kommt die Kürbissuppe mit Wildschweinsalami gerade recht, klare Aromen, durch kleine Splitter von Salzzitrone im klaren Aromenspiel abgerundet. Auch hier eine klare Überlegung: Die Region steht im Fokus und gewinnt durch die Zitrone an Profil. Vielleicht, so denkt man nun, ist es ja gar nicht so schwierig.

Und nein, auch das Tatar vom Rind zeigt einfach, was einen Koch auszeichnet. Das gute Produkt, das eigene Handwerk und die Finesse, es in genau dosierten Maßen zu pickeln. Der Kabeljau – es ist schwierig hier guten zu bekommen – ist gut. Glasig liegt er auf seinem Präsentationstisch aus Pastinake- und Petersilienwurzelpüree unter einer Krone aus Schalencrunch der Wurzelgemüse, das ganze umspielt von einer herrlich abgerundeten Gemüsejus. Hier ist nichts verschwendet, alles passt. Das Rehragout mit Pilzrahmsauce und der Hirschpfeffer lassen Saison und Region erklingen. Hier hat ein Meister seine Küche der Region und seinen Mitmenschen geöffnet. Er nimmt sich zurück und zeigt damit eine wirklich beeindruckende Kunst.

Ist es schwierig? Nein, es begeistert. Wenn man über die Region und deren kulinarische Möglichkeiten lernen möchte, sollte man nach Laufen reisen und im Rössli einkehren. Simply. 

 

Tartuffel empfiehlt:

Simply im Rössli

Hauptstrasse 28,
CH-4242 Laufen

 

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