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Verbrannt lecker

Das der Geschmack der Elemente ein spannendes Thema ist, stellt dieses Buch zum Thema Feuer unter Beweis. Heiko Antoniewicz setzt im Zusammenspiel mit Adrien Hurnungee ausgereifte Ideen kulinarisch um. Michael Podvinec erklärt dazu aus wissenschaftlicher Sicht das kulinarische Potential von Asche. Das Ergebnis: eine kulinarische Sensation, die das kulinarische Potential von Asche in seiner Vielschichtigkeit aufzeigt.

Heiko Antoniewicz innovatives Buch: Asche

Seit der gemeinsamen Arbeit zu ihrem Buch „Fermentation“, beschäftigt sich das Trio Heiko Antoniewicz, Thomas Ruhl und Adrien Hurnungee mit dem Thema Asche. Und in diesen fünf Jahren ist das Thema nicht nur in ihren Köpfen, sondern auch in der kulinarischen wie optischen Umsetzung gereift. Und nach einem längeren Gespräch mit Heiko zu diesem Thema Asche wusste ich, dass dies eine neue kulinarische Sensation werden würde.

Asche – Vom Archaischen zur kulinarischen Avantgarde

Asche hat für uns etwas Archaisches. Wir kennen Asche natürlich als Produkt des Lagerfeuers, aber auch vom Grillen und sie erinnert uns an die Flammen, die sie produziert haben. Hier aber wird sie avantgardistisch verstanden. Wie kann man sie kulinarisch verwenden – auch jenseits von Fragen der Haltbarkeit. Schnell leuchtet ein, dass verbrannte Lauchblätter oder Kartoffelschalen, wenn sie getrocknet und zu Pulver zermahlen werden, wie andere Gewürze Einsatz in der Küche finden – zugleich sorgt eine solche Verwendung dafür, den Küchenabfall zu reduzieren und die Wertigkeit gerade dieser sonst nicht verwendeten Lebensmittel zu zeigen. Aber Asche kann noch mehr und das zeigt dieses Buch.

Gewürz und Konservierer

Dabei ist Asche nicht nur zum Konservieren von Lebensmittel - wie wir es von einigen traditionell hergestellten Ziegenkäsen kennen zu verwenden. Sie kann wie ein Gewürz zielgerichtet eingesetzt werden. Und damit zeigt das Buch neue Wege bei der Betrachtung dieses vielseitigen Produktes auf. Aus welchen Stoffen wurde die Asche hergestellt? Bei welchen Temperaturen? In welcher Zeit? All diese unterschiedlichen Einflüsse verändern das Endprodukt, wie der Molekularbiologe Michael Podvinec anschaulich erklärt. Bei den Rezepten fällt dann unweigerlich auf, wie viele Ideen hier zusammen getragen worden sind. Und das betrifft nicht nur die Asche, sondern besonders auch die Auswahl an ungewöhnlichen aber eben nicht unbedingt exotischen Zutaten, wie Mispeln, die anhand Auberginenasche mit Kartoffelespuma vermählt werden, oder Erdnüsse und Avocado, die durch Brokkoliasche ein Perlhuhn in ein völlig neues kulinarisches Aroma kleiden. Wer dann verbrannten roten Rosenkohl schmeckt, dankt den Köchen für die Anregung, dies nun einmal am heimischen Herd probieren zu können, wäre man doch ohne ihre Anregung niemals auf die Idee gekommen. Und natürlich möchte man dann wie im Buch vorgeschlagen, diese Asche dazu verwenden, die fruchtig frischen Noten der grünen Apfelcreme mit aromatischem Wels zu akzentuieren. Doch dies sind lediglich die ersten Beispiele für den Ideenreichtum dieses bemerkenswerten Buches.

Asche anregend

An dieser Stelle muss man auch den Mut und das Können von Thomas Ruhl und Petra Grill ansprechen. Denn wie sie es verstanden haben, das Thema Asche in Bild und Layout, so zu behandeln, dass es anregend und vielschichtig gezeigt wird, ist große Klasse. Je anspruchsvoller das Thema, desto größer die Kunst, es ästhetisch ansprechend zu präsentieren. Die Seiten sind – passend zum Thema – durchweg dunkel gehalten, wodurch die kulinarischen Elemente eine Bühne erhalten, die sie zum Glänzen bringt.

Betrachten wir einfach die Zutaten: Moorschnucke, Codonopsisasche, Tarowurzel und Ahornbutter, um an dieser Stelle einmal ausgefallene Zutaten in den Blick zu bekommen. Das Rezept vereint mit der Moorschnucke, die ihren Ursprung in Niedersachsen hat, regionale Tradition, bereichert um die Aromen Asiens und der geschmackvollen Vollmundigkeit des dunklen kanadischen Ahornsirups. Dabei sind die unterschiedlichen Zubereitungsschritte klar, übersichtlich und nachvollziehbar. So werden dem Leser nicht nur exotische Zutaten, sondern auch deren Asche schmackhaft gemacht.

In diesem bemerkenswerten Buch verdichtet sich dass, was die Zusammenarbeit der beiden Köche über Jahre auszeichnet: Gradlinige Herangehensweise, exotische Zutaten, klassische Strukturen und avantgardistische Zubereitungsarten. Dieses Buch ist die Quintessenz ihrer wechselseitigen kreativen Anregungen. Es lohnt, sich mit Asche zu beschäftigen, nicht nur am Grill.

 

Tartuffel empfiehlt:

ASCHE. Glut & Feuer von Heiko Antoniewicz, Adrien Hurnungee & Thomas Ruhl. Edition Port Culinaire 2020. 160 S., geb., Hardcover, 29,90 Euro

 

 

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