Am Beispiel des Messerbänkchens
Ja, zugegeben. Schon das Wort trifft man heute nur noch vereinzelt an. Seltener noch den Gegenstand, den der Begriff beschreibt: Messerbänkchen. Alleine das Bänkchen ist ja als Bezeichnung nicht mehr aktuell, wie soll es da die Komposition aus Messer und Bänkchen auch einfach haben? Dabei wird es Zeit, das Messerbänkchen als Begriff und Gegenstand aus der Schublade des Vergessens zu ziehen und neu auf den Tischen des Lebens wirken zu lassen.
Geheimer Zauber
Verweilen wir für einen Moment bei diesem Begriff, denn er allein birgt schon einen geheimen Zauber: Messerbänkchen. Das Messer, gewohnt zu schneiden und klaglos seine Arbeit zu verrichten, soll hier nicht nur auf einer schnöden oder kunstfertig gefalteten Serviette am Rande des Tellers liegen, es darf auf dem Bänkchen verschnaufen und zwischen den Gängen die Blicke auf sich ziehen, denn dafür ist das Bänkchen in seiner Funktion gedacht. Und da wir an dieser Stelle von Funktion reden, sollten wir sofort die Gedanken vom Praktischen weg zur Form schweifen lassen. Ein ausgereiftes Messerbänkchen ist für sich schon eine Zier und bereichert den gedeckten Tisch allein durch sein stilles und verlässliches Dasein. Dem Messer gibt es einen neuen Halt und den Gästen bietet es - Vorteil des Unzeitgemäßen - ein so willkommenes wie unerwartetes Gesprächsthema. Auf diese Art bildet dieses kleine, scheinbar aus der Zeit gefallene Utensil nicht nur eine Ablage, als Arbeitspause für das Messer, sondern zugleich eine kommunikative Brücke zwischen Gast und Gastgeber.
Überraschung und Erinnerung
Und damit haben wir einen Kern der Aktualität des Themas schon angesprochen: Überraschung und Kommunikation. Jede gute Küche lebt von überraschenden Momenten, denn zum einen wecken sie die Aufmerksamkeit des Essers, zum anderen bilden sie im gelungenen Falle die Grundlage für lange und gern erinnerte Momente. Und gerne erinnern wir angenehme Gespräche über überraschende Momente. Das Messerbänkchen selbst ist still und bescheiden, aber es ist ein Grund, der dazu führt, dass Gäste sich gerne an den Besuch zurückerinnern. Ganz so, als sei dieser Moment aus der Zeit gefallen.