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Cover des besprochenen Werks | © AT-Verlag

More Pleasure

Zero Waste war gestern. Heute möchte man aus den einst verpönten Teilen der Gemüse – Schalen, Strünken, Wurzeln, Kernen, Blättern – den besonderen Geschmack herausarbeiten. Gemüse nicht nur ganzheitlich betrachten, sondern in all seinen Teilen genießen. – 10 Jahre nach Leaf to Root bekommt das Thema nun einen neuen Twist.

 

Esther Kerns Leaf to Root Express

 

Wenn ich an dieser Stelle erzählen würde, was ich kulinarisch zusammen mit Esther schon alles erlebt habe, würde dieser Text sehr lang werden. Nur so viel: Trifft man mit ihr zusammen, bezieht sich das Gespräch sehr schnell auf kulinarische Themen – was nicht nur an ihr liegen muss. Im Verlauf dieses Gesprächs aber kann man so viele neue Ideen und Sichtweisen erhalten, dass es immer wieder verblüffend, überraschend und nachhaltig schön ist – und das liegt fast immer an ihr. Denn Ether Kern gehört zu den wenigen Menschen, die ihre Leidenschaft durch eine stringente Form strukturiert haben und die sich auf diese Weise nicht einfach austoben, sondern sehr fundiert und zielgerichtet an den Dingen arbeiten, die sie beschäftigen. Bei Ether geht es um die Frage des Genusses der verpönten, oder der einfach nicht beachteten Dinge. Diese Dinge hat sie aus dem kulinarischen Unbewussten geholt, ihnen vor zehn Jahren in ihrem bahnbrechenden Buch „Leaf to Root“ eine Bühne geboten und sie zu Stars werden lassen. Warum, so die Frage damals, sollten wir diese Teile nicht auch kulinarisch beachten, ihr Geschmacksbild benennen und unseren Umgang mit ihnen verändern? Damals ging es vor allen Dingen um die ethische Frage, wie weit können die Teile der Gemüse, Salate und Kräuter verarbeitet werden, um der Verschwendung von Lebensmitteln entgegenzuwirken. Heute aber geht es um die Antwort auf die Frage, wie kann man diese Teile nutzen, um einen zusätzlichen Genuss zu erzielen, der über den der Nachhaltigkeit hinaus geht? 

 

Veredelung der verpönten Gemüse-Teile

 

Die Kartoffelchips, an denen wir uns alltäglich erfreuen haben dank Esthers Grundlagenarbeit ihren Weg in unsere Herde und auf unsere Teller gefunden. Auch die frittierten Grünkohlblätter würde es ohne sie wohl noch nicht auf unseren Tellern geben. Und möchte man eine Idee davon erhalten, wie viel Anerkennung sie für ihre Arbeiten erhalten hat, dann lohnt ein Blick auf die Rezeptbeiträger für dieses Buch, neben Heinz Reitbauer (***Steireck) und Yves Ollech (** Essigbrätlein), oder Paul Ivic (*Tian) geben sich zahlreiche namhafte Impulsgeber der grünen Küche in diesem Buch ein Stelldichein. Und das Hanni Rützler ein so liebevolles wie kenntnisreiches Vorwort schreibt, spricht für die Autorin des Vorworts, wie für die des Buches und ihre gegenseitige Anerkennung, aus der eine freundschaftliche Nähe entstanden ist. Beim Kochen “aus dem Ganzen schöpfen” schreibt Hanni Rützler, fast wie nebenbei, um den Kern des Themas zu beschreiben: Denn das Programm ist keine trockenes Dogma, es zielt auf den Geschmack und die aromatische Vielfalt, die uns die unterschiedlichen Pflanzen von Wurzel bis Blüte und Blatt schenken. Diese Buch gibt so vielfältige wie abwechslungsreiche Anregungen.

 

Wassermelonenschalen-Salat und Blumenkohlblattgrün-Dipp 

 

Das angenehmen an diesem Buch direkt vorweg: Es handelt von ganz alltäglichen Zutaten. Man muss keinerlei Spezialgeschäfte, sondern lediglich den örtlichen Wochen- oder Supermarkt aufsuchen. Und die Rezepte sind so einfach, dass auch den Koch-Anfängern jede Ausrede ausgeht. Inspirierend ist die Fülle an Ideen und Vorschlägen. Doch wenn man sich erst einmal an den Bananenschalenkuchen gütlich getan hat, wird man sich auch über die anderen Rezepte hermachen, denn das Potential der bis gerade noch verpönten Teile der Gemüse und Früchte birgt ein ungeheures aromatisches Potential. Radieschenblätter haben einen sehr zarten Geschmack, ganz ohne die flüchtige Schärfe der Knollen und im nächsten Sommer werde ich alle Rezepte zu Wassermelonenschalen ausprobieren. Und natürlich werde ich mich nun an unreife Erdbeeren und grüne Tomaten wagen, Heinz Reitbauer hat hierfür ein so elegantes wie einfach zuzubereitendes Rezept beigesteuert, das möchte man nicht nur lesend bewundern, sondern schmeckend genießen.  

Nur beim Karottenkraut-Pesto hätte ich noch eine andere Idee als die im Buch vorgestellte. Es wird also wieder eines dieser interessanten Gespräche mit Esther geben. Ich freue mich drauf.

 

Tartuffel empfiehlt:

Esther Kern: Leaf to Root Express. Von Blatt bis Wurzel. Einfache Rezepte für spezielle Gemüseteile. AT Verlag 2025, 296 S. geb., 39,00€

 

 

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