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Cover des besprochenen Buches (Ausschnitt) |© Stiftung Warentest

Wissenschaft genießen

Ja, wir alle lieben Pasta. Dieses Soulfood, das sich so abwechslungsreich zubereiten lässt. Die Saucen, die Laufe der Jahrzehnte, in denen sie zubereitet wurden, immer mehr Umami aufgenommen haben, lassen uns den Alltag vergessen. Es wird Zeit, sich diesem Lebensmittel einmal grundlegend und umfassend zu nähern. Thomas Vilgis und Mario Furlanello heben die Pasta genussvoll auf eine wissenschaftliche Grundlage. Grundlegend und grandios.

Pasta in Perfektion

Mit großer Geste orderte unser römischer Gastgeber Cacio e pepe für den gesamten Tisch. Ich hatte damals keine Ahnung, worum es sich handeln würde, da aber die Stimmung im Restaurant ausgelassen, laut und fröhlich war, beschloss ich, mich auf unbekannte Genüsse zu freuen.

Die Pasta, die uns serviert wurde, war eine Wucht an Reduktion auf das Wesentliche: Hausgemachte Bucatini, sehr al dente gekocht, die sämige Sauce bestand lediglich aus dem Kochwasser der Pasta und fein geriebenem Pecorino romano, gewürzt lediglich mit grob zerstoßenen, schwarzen Pfeffer. Es fühlte sich an, als wären Pasta und Sauce emulgiert, am Gaumen wirkten sie wie ein glückliches junges Paar, dem der Pfeffer immer mal wieder einen feinen Kick gibt. Ich wusste augenblicklich, dass ich diesem Minimalismus an Pasta für den Rest meines Lebens verfallen sein würde. Allein der Genuss dieses Gerichts hätte die Reise in die ewige Stadt gelohnt.

Das Problem an minimalistischen Gerichten ist allerdings, dass man sie nur selten in perfekter Zubereitung bekommt, besonders, wenn man sie einmal perfekt zubereitet genossen hat. Alle Varianten, die ich in Deutschland vorgesetzt bekam entsprachen nicht dem, was ich in Rom genießen durfte. Allmählich wurde klar: Wenn ich diese Pasta wirklich genießen wollte, wurde es Zeit, meine Abneigung selber Pasta zuzubereiten zu überwinden. Nicht, dass ich etwas gegen hausgemachte Pasta einzuwenden hätte, allerdings waren meine zahlreichen Versuche nie von einem Resultat, welches den Aufwand auch nur ansatzweise gerecht werden würde. Daher zog ich es im Alltag vor, auf gekaufte Pasta zurückzugreifen. Die Erinnerung an Rom verblasste nicht, im Gegenteil, sie wurde zu einem kleinen kulinarischen Stachel.

Perfektion Pasta

Die Stiftung Warentest hat mir nun dankenswerter Weise dabei geholfen, diesen Stachel zu entfernen. Den mit „Perfektion Pasta“ des Autorenduos Thomas Vilgis und Mario Furlanello werden nicht nur kreative und traditionelle Pastagerichte vorgestellt, das Thema wird zugleich anschaulich und vielschichtig wissenschaftlich analysiert. Dabei wird darauf geachtet, dass das Wissen – wie beim Kochen gewünscht – immer praktisch gedacht wird. Der Elastizität von Pastateigen wird ebenso anschaulich unter die Lupe genommen, wie die verschiedenen Möglichkeiten, die Pasta mit Umami-Wohlgeschmack zu einer Köstlichkeit zu veredeln. Dabei ist das Prinzip so einfach, wie wohldurchdacht: Anhand von 15 Konzepten wird alles rund um die Pasta vorgestellt, was zu Abwechslung und Verbesserung des Geschmacks dient, dabei wird immer wieder Wert darauf gelegt, dass die Rezepte gelingsicher sind – die jeweils dafür eingefügte Rubrik „Warum dieses Gericht gelingt“ erklärt auch dem absoluten Laien, welche Punkte er einfach besonderes Augenmerk widmen sollte. Lange Kochzeiten, Käse, Vermählung von Pasta und Sauce in der Pfanne werden thematisiert, wie der Einsatz unterschiedlicher Käsesorten, die Frage nach dem perfekten Pesto, der Einsatz von Röstnoten oder die Frage, was alles ins Nudelwasser gehört und warum man dieses wie im Eingang genannten Rezept Cacio e Pepe für die Saucenbindung verwenden sollte. Abgerundet wird dieses grundlegend gestaltete Buch mit Hinweisen zur perfekten Küchenausrüstung in Sachen Pasta.

Wer glaubt, beim Kochen von Nudeln könnte man nichts falsch machen, sollte sich dieses Buch anschaffen, denn man kann eine Menge besser machen, als man denken sollte. Dies ist aber gar nicht so entscheidend, denn das Buch wartet mit zahlreichen anschaulich erklärten traditionellen Pasta-Gerichten auf, die man nun in ihrer genussreichen Vielfalt auf den heimischen Tisch zaubern kann.

 

Tartuffel empfiehlt:

Thomas Vilgis, Mario Furlanello: Perfektion Pasta. Die Wissenschaft des guten Kochens. 80 Rezepte, 220 S. geb., Stiftung Warentest, Berlin 2020, 29,90€

 

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