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Cover des besprochenen Bandes (Ausschnitt) |© Thorbecke Verlag

Anleitung für schlichtes Käseglück

Käse führt bei uns immer noch ein unscheinbares Leben. In Kochbüchern wird das Thema Käse oft ausgespart oder elegant umschifft. Mit dem noch stiefmütterlich behandelten Thema „Ofenkäse“ gelingt Guillaume Marinette ein großer Wurf. Er zeigt, wie man ohne viel Aufwand wunderbar schmelzende Geschmackserlebnisse erreicht.

Ofenkäse von Guillaume Marinette 

Ich mag eigentlich alle Käsesorten, außer Mozzarella, der im Salat in Balsamico herum dümpelt. Am kalt-warmen Buffet lasse ich die  Caprese-Variante meist auf der Platte und erfreue mich an dieser schönen Anordnung. Meist sind die Tomaten zu kalt und das Basilikum besetzt den gesamten Abend den Platz auf der Zunge, der eigentlich für den Blanc de Noir reserviert ist. Also lieber kalten Blanc de Noir, als zu  kalte Paradeiser, wie man Tomaten gewöhnlich in Ostösterreich nennt. Ich mag Käsefondue, jedoch verbrenne ich mir regelmäßig die Gaumenplatte und bevorzuge dann eine Woche lang eher kalte Gerichte, wenn auch nicht gerade Mozzarella in den Wabbelpäckchen. Doch was schwadroniere ich hier von meinen geschmacklichen Abneigungen?

 

Beschränkung auf vier Rohmilchkäse

 

Ich möchte ja etwas über die Rezepte für Ofenkäse erzählen, die als gleichnamiges Buch bei Thorbecke erschienen sind. Allein der Name des Autors Guillaume Marinette klingt wie ein raffiniertes Rezept und bereits die Betrachtung des Covers lässt die Mundwinkel feucht werden. Konsequenterweise will Guillaume nicht alle Käsesorten aufzählen, die im Monty Python- Cheese Shopvergeblich nachgefragt werdenund so beschränkt er sich in siebzig Seiten auf  vier Sorten: MONT D`OR,  CAMEMBERT, REBLOCHON und BRIE. Allesamt formidable Stinker, wenn man ihnen freien Lauf lässt. Ich persönlich genieße diese Weichen fast immer im Restaurant als Abschluss eines schönen Menüs und auch nicht alle und meistens mit Weißbrot und einem vollmundigen Süßwein. Was Marinette in diesem Buch an Rezepten kreiert hat und was der Fotograf David Japy und die Fotostylistin Christine Legeret so leger gezaubert haben ist eine Augenweide und macht zwingend den Besuch im Käseladen oder gut sortiertem Supermarkt notwendig, der diese Sorten mit Sicherheit pflegt. Das Buch müsste ich haben, wenn ich es nicht schon hätte. Da gibt es ein Käsefondue mit Knoblauch und Weisswein, das zwei Minuten Vorbereitung benötigt bei einer Backzeit von fünfundzwanzig Minuten  und für vier Personen bemessen ist. Und dieses wird in der Spanschachtel gebacken, in dem  Mont d`Or gewöhnlich geliefert wird. Da gibt es einen Camembert mit gegrillter Paprika und rotem Pesto, bei zwanzig Minuten Backzeit und fünf Minuten Vorbereitung. Schmatz!! Da offenbart sich ein Reblochon mit Zwiebeln und Kreuzkümmel (Cumin) für vier Personen, die sich dreißig Minuten die Zeit vertreiben müssten. Diese Rezeptkreationen lassen niemanden verzweifeln, der nach einem anstrengenden Tag, noch schnell etwas essen muss, aber den Backofen nicht mit einer Fertigpizza quälen will. Die gart genau so lange und verlängert den Tagesfrust lediglich. Auch für Gourmetstudierende die nicht auf Burger nach der Klausur stehen, bieten sich  die genialen Rezepte an, Beziehungsstörungen zu verringern, falls das BAFÖG es zulässt.

 

Fazit: Dieses Buch bedroht Raclette und Fondue in der herkömmlichen Zubereitung. Sicher lassen andere, also weitere Käsesorten, noch unendliche Varianten auf die Zunge bringen, aber das Wesentliche der Käse-Ideen aus dem Backofen ist in diesem Juwel schon deutlich zu erkennen. Da es auch als ebook zu erhalten ist kann ein Tablet in jeder digital-orientierten Küche Sinn machen. Jetzt einen einfachen Roten aus dem Bordeaux Anbauzeit vor Tschernobyl und der Abend wird käsesamtig gut.

Guillaume Marinette: Ofenkäse. Genial einfache Käse Ideen aus dem Backofen. Thorbecke Verlag Ostfildern 2019, 72 Seiten, Hardcover, 12,00€

 

 

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