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Cover des besprochenen Bandes (Ausschnitt) |© Westend Verlag

Wein und Veränderung

Kann Wein die Welt verändern? Was auf den ersten Blick nach einer weinseligen Verklärung anmutet, entpuppt sich als Einladung, Neues zu entdecken. Denn im Wein, der Art seiner Produktion und seines Genusses liegt mehr als die sprichwörtliche Wahrheit. Dieses Buch lädt zu neuen inspirierenden Sichtweisen und Geschmackserlebnissen ein.

New Wave Wine - Europas Winzer für die Zukunft

Ein Mann, ein Weinberg, eine Message: „Act Now!“. Das Cover des Buches fordert zum Handeln auf. Sollen wir jetzt alle unseren Weinberg bestellen?

Geschrieben ist das Buch von zwei Menschen, die aufwendig Wein gelernt haben. Janek Schumann ist aus der Finanzwelt ausgebrochen um seiner Leidenschaft Wein nachzugehen. Über das WSET zum Master of Wine hat er diesen Stoff gepaukt. Er ist Weinberater und betreibt nun einen Weinhandel und eine Weinbar. Wolfgang Staudt, der zweite Autor, umschreibt seine Schwerpunkte durch die Themen Deutscher Wein, italienischer Wein, französischer Wein; Barolo, Brunello, Burgund, Bordeaux; Wein & Käse, Wein & Schokolade. Anhand von Vorträgen und Seminaren gibt der Weinakademiker sein Wissen weiter.

 

Weinwelt im Umbruch

 

In diesem umfangreichen Band mit wunderschönen schwarzweiß Fotos von Anja Prestel kann man mit diesen zwei Menschen über 100 Weingüter aus 11 verschiedenen Ländern kennen lernen. Sie waren unterwegs und haben sich nicht nur für Wein sondern auch für die Hintergründe interessiert. Man erfährt, warum auf biologischen Anbau umgestellt wurde, wie die Weine hergestellt werden, was reinkommt und was nicht. Die geschichtlichen Hintergründe der verschiedenen Weinanbauregionen schwingen genauso mit, wie die allgemein gültigen Weingesetze, der Klimawandel, die typische Rebsorten oder die Ausbauarten. Bei jedem Weingut spürt man mit welcher Liebe und Respekt die zwei Autoren die Begegnungen wahrgenommen haben.

 

Ein gleich konsequentes Bild von den Weingütern gibt es nicht, weil jeder Mensch nun mal anders ist. Es ist also keine Studie, bei der immer die identischen weintechnischen Fragen gestellt wurden, sondern ein persönliches Kennenlernen. Mal erfährt man mehr über die Geschichte des Weingutes, mal mehr über die Herangehensweise im Keller. Das gesamte Werk zeigt über jedes Puzzleteil zusammengefügt, was gerade im europäischen Wein passiert. Und ja, das ist bestimmt neu für viele Menschen, die noch nie zum Beispiel von Naturwein oder von maischevergorenen Weißweinen gehört haben. Die teilweise Erwähnung der Zusätze oder eben das Weglassen von zum Beispiel Schwefel bei manchen, kann bei Leser*innen zu Unverständnis führen, da viele Menschen noch nicht wissen, dass im Wein überhaupt Zusatzstoffe und Hilfsmittel erlaubt sind.

Das Buch richtet sich daher an alle, die noch im konventionellen Wein unterwegs sind und mal über den Tellerrand schauen wollen. Als Vorrausetzung braucht es allerdings schon eine große Portion Vorkenntnisse über Weinherstellung im Allgemeinen, über Weingesetze und das dazugehörige Vokabular. Das Buch als Weinsachbuch hat leider kein kleines Weinlexikon, das sollte man sich bei der Lektüre ggfs. dazu legen.

Viele der vorgestellten Weingüter arbeiten biologisch oder biodynamisch auf dem Weinberg und sind im Keller entweder schon beim Naturwein gelandet oder kurz davor. Dies ist der verbindende rote Faden. Veränderung in der Weinwelt wird eben nicht von oben gemacht, sie entsteht durch viele einzelne Individuen.

Es ist Buch über Menschen, die sich entschieden haben, ihren eigenen Weg zu gehen. Jede und jeder mit einer anderen sehr subjektiven Motivation. Und dass das auch im Weinbereich möglich ist, ist nur ein Beispiel dafür, das es überall möglich ist. Das „New Wave“ ist also als neuer Weg zu verstehen, als Möglichkeit in die Veränderung zu gehen. Manche Weingüter gehen diesen „neuen Weg“ schon seit über 10 Jahre, andere haben damit erst angefangen. Es ist nie zu spät, und kann jeder Leserin und jedem Leser Mut machen das alt Eingefahrene in Frage zu stellen und neue Sichtweisen auszuprobieren.

Die Weinbeschreibungen im Buch zeigen, unsere sehr trink-erfahrene Autoren wurden von vielen Weinen berührt, überrascht, manchmal auch brüskiert. Das Andere mal ausprobieren und sich fragen, ob es einem schmeckt oder nicht – ohne von richtig oder falsch zu sprechen – kann nur bereichernd sein, und das übrigens nicht nur bei Wein.

 

Tartuffel empfiehlt:
Janek Schumann, Wolfgang Staudt: New Wave Wine - Europas Winzer für die Zukunft. Westend Verlag Frankfurt/Main 2022, 380 S., geb., 38,00€

Weitere Informationen findet man hier.

 

 

 

 

 

 

 

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