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Geschmack mit Stäbchen greifen

Umami. Wohlgeschmack. Kaum ein Wort umfasst die japanische Küche besser als dieses. Denn seit Jahrhunderten verfeinern die Japaner ihre Rezepte, um Lebensmittel mit wenigen Handgriffen und Zutaten geschmacklich zur Vollkommenheit zu bringen. Die Qualität der saisonalen Lebensmittel und ihre stilvolle Präsentation sind prägende Kennzeichen dieser Küche, die seit 2013 zum immateriellen Kulturerbe der UNESO gehört. Kein Wunder, die japanische Bevölkerung weist den niedrigsten Anteil an übergewichtigen Personen unter den Industrieländern der Erde auf.

„Japan Gesund“ regt dazu an, den alltäglichen Speisezettel umzuschreiben

 

In ihrem neuen Buch „Japan Gesund“, spüren die Ökotrophologin und erfahrene Buchautorin Sarah Schocke und der kulinarische Japan Experte Stevan Paul den gesundheitlichen Aspekten der japanischen Küche nach.

Dies aus gutem Grund. Denn in der japanischen Küche bilden Gesund und Geschmack keine Gegensatzpaare, sondern zwei Seiten der japanischen Küchenmedaille. Der Eigengeschmack der frischen Produkte soll möglichst erhalten bleiben, Öl und Gewürze werden daher nur sparsam verwendet, dafür aber finden fermentierte Produkte häufiger Anwendung. Und genau hier setzt die von Sarah Schocke zu Beginn des Buches formulierte Definition des gesunden Essens ein. Und sie findet sinnvolle Tipps, die zu einem gesünderen Essen im Alltag führen: Weniger Salz- und Würzmittel, nur ausnahmsweise stark verarbeitete Industrieprodukte mit Zusatzstoffen und künstlichen Aromen, gelegentlich Fleisch und Fisch, kleine Mengen Milchprodukte und abwechslungsreiche Verwendung von Gemüsen, Salaten, Hülsenfrüchten und Getreide. Anhand dieser Leitlinie hat Stevan Paul seine Rezepte entwickelt und perfektioniert.

 

Diät: Veränderung der Ess-Gewohnheiten

 

Doch das Buch möchte nicht nur Rezepte präsentieren, es geht grundsätzlicher vor. Ohne dass dieses Wort genannt wird, ermutigt es seine Leser schon auf den ersten Seiten zu einer aktiven Diät. Dabei geht es nicht um einen Plan zur Gewichtsreduzierung, sondern - im grundsätzlichen hippokratischen Sinn des Begriffes -, um eine Veränderung der Essgewohnheiten hin zu einer insgesamt gesünderen Ernährungsweise, zu dem Elemente aus der japanischen Küche beitragen können, wenn man sie in seinen Alltag integrieren kann. Im Buch wird gezeigt, das eine solche Veränderung nicht nur mit kulinarischer Vielfalt, sondern auch mit jeder Menge Genuss belohnt wird. Eine Diät, die man sich schmecken lassen kann. Aber natürlich weiß auch die Autorin, dass es ein schwieriger Weg ist, eingeübte Gewohnheiten einfach abzustreifen. Kein Mensch wird über Nacht zum kulinarischen Japaner, doch durch einfache Anleitungen kann man in kleinen Schritten schon heute etwas verändern und sich über neue Genusserlebnisse freuen. Warum also nicht Wert auf Gemüsevielfalt legen und naturbelassene Misopasten zulegen? Das Buch eröffnet seinen Lesern eine Vielzahl an praktischen Beispielen, wie sich die hier versammelten Rezepte ganz bequem in den Alltag integrieren lassen. Die gelingsicheren Rezepte in Kombination mit den erstklassigen Rezeptbilder (Fotografie: Andrea Thode) regen zum Einstieg in den Umstieg an. Die Rezepte beinhalten regelmäßig eine Anmerkung zu ihren gesundheitlichen Aspekten, den sie eigentlich gar nicht bräuchten, denn genussvoll im japanischen Sinne sind sie allemal. Zudem gelingsicher und einfach strukturiert, eine hohe Kunst, die hier mit leichter Hand zelebriert wird.

 

Dialog

 

Doch ein anderer Aspekt sollte an dieser Stelle noch erwähnt werden. Der Dialog zwischen den Kollegen Sarah Schocke und Stevan Paul. Denn beide können hier als Autoren genannt werden, auch wenn Stevan für dieses Projekt als Autor in den Hintergrund getreten ist, um sich ganz auf die Perfektionierung der japanischen Gerichte zu konzentrieren – durch Übersetzung der japanischen Rezepte in alltagstaugliche Zubereitung mit den Zutaten, die man bei uns ohne Probleme beziehen kann, um sie einfach und geschmackvoll zugleich präsentieren zu können. Denn was die Leser hier beobachten können, ist ein Dialog zwischen den beiden Akteuren anhand der Teller und ihrer Rezepturen. Auf diese Weise wird der Leser um einen wichtigen Aspekt der japanischen Küchenphilosophie beschenkt: Die Kommunikation der Autoren erfährt der Leser als Ansprache in den Rezepten: Sie sind gesund und genussvoll zugleich.

 

Tartuffel empfiehlt:

Sarah Schocke: Japan Gesund. Mit 50 einfachen Rezepten für jeden Tag von Stevan Paul. Hölker Velag Münster 2023, 144 S., geb., 24,00€

 

 

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