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Gastrosophisch alles fest im Griff – Vincent Klink | © Vincent Klink, Wielandshöhe

Vincent Klink

Sternekoch, Musiker und Schreibvirtuose

Jazz in der Küche

Es gibt Menschen, deren Tage scheinbar für 48 Stunden konzipiert sind. Anders kann man sich das tägliche Arbeitspensum dieses Mannes kaum vorstellen. Vincent Klink betreibt mit seinem Team das Sternerestaurant „Wielandshöhe“, dessen Name bereits an die Verbindung von Kochkunst und Literatur denken lässt, ist er doch eine Referenz an den Dichter der Aufklärung Christoph Martin Wieland.

 

Die Verbindung von Kochen und künstlerischer Tätigkeit ist das Lebensprogramm von Vincent Klink. Solider Handwerker am Herd, Virtuose an Schreibgerät und Trompete. Dazu sind seine Auftritte als Koch im Fernsehen so wohltuend anders, als die so mancher TV-Kollegen. Er zeigt dem Publikum, worauf es ankommt, aber auch wie man einen Fehler bei der Zubereitung beheben kann. Kein Wunder, dass Klink 2010 den Internationalen Eckart-Witzigmann-Preis in der Kategorie Wissenschaft und Medien verliehen bekam, denn nach Ansicht der Jury verbinde Klink „in herausragender und zugleich wunderbarer Weise das Handwerk des Kochens mit dem Hand- und Mundwerk des Schreibens, des Musizierens und der Fernseh-Unterhaltung“.

Geboren in Gießen, wächst Vincent Klink in Schwäbisch Gmünd auf. Sein Vater vereitelt den Wunsch des Sohnes, sich als Maler oder Graphiker zu verdingen und verschafft ihm stattdessen eine Lehrstelle bei einem geachteten Koch in Baden. Dies geschieht mit vorausschauendem Blick. Denn der Vater war nicht nur ein Gourmet, der gutes Essen zu schätzen wusste, sondern auch Besitzer eines Restaurants, welches er verpachtet hat.

Im 50.(!) Band des von Klink zusammen mit Wiglaf Droste herausgegebenen kulinarischen Magazins „Häuptling eigener Herd“, welches sich der Kulinarik unter der Überschrift „Jazz“ nähert, berichtet Klink von seiner Lehrzeit im „Waidhof“ bei Lörrach. Dieser zählt zu seinen Gästen „erlesene Kundschaft, die früh zum Essen kam und zeitig wieder das Haus verließ. Den Abendservice hatten wir hinter uns und man begab sich kurz nach zehn Uhr zu Bett. Als im Haus alles ruhig war, kletterte ich die Dachrinne hinunter, schlich hinter die große Scheuer und zog meine Mobilette heraus, um sie zur Bundesstraße zu schieben. Weit genug vom Haus entfernt, startete ich das Vehikel und knatterte zu Tal. Zehn Minuten später befand ich mich in einer völlig anderen Welt. Im „Jazztone“ war der Teufel los.“


Schon zu Lehrzeiten verbindet Klink zwei seiner Leidenschaften, das Kochen und die Musik, das Schreiben sollte bald folgen. Nachdem er 1978 seinen ersten Michelin-Stern im vom Vater übernommenen „Postillion“ erkocht, wird er Herausgeber und Autor der Zeitschrift „Rübe“, einem Magazin für kulinarische Literatur. In der Zwischenzeit eröffnet er gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth das Restaurant „Wielandshöhe“ in Stuttgart Degerloch, welches 1998 ebenfalls mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wird.

Klink bringt bei Klett-Cotta noch „Cotta´s kulinarischen Almanach“ heraus, bevor er 1999 die Zeitschrift „Häuptling eigener Herd“ ins Leben ruft. Nebenbei verfasst er mehrere Kochbücher. 2009 erscheint seine Autobiographie „Sitting Küchenbull“, die seine Kindheit und Jugend umfasst. Auf eine Fortsetzung darf man sich also noch freuen. Zusammen mit Wiglaf Droste und Nikolaus Heidelbach sind von ihm im DuMont Verlag Bücher mit kulinarischem Schwerpunkt zu den Themen, Wein, Wurst, Wild, Gemüse und Liebe erschienen. Es handelt sich um wahre Kleinode des Geschmacks, denn die Zusammenarbeit von spitzzüngigem Satiriker (Droste), beherztem Koch und Schiftsteller (Klink) und ideenreichem Illustrator (Heidelbach) führt zu ungeahnten Sichtweisen auf das behandelte Sujet.

Klink ist Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Kulinaristik und achtet als Slow-Food Mitglied auf Einkäufe bei regionalen Produzenten sowie artgerechte Tierhaltung.

Und wer ihn einmal in seiner „Wielandshöhe“ besucht hat, weiß, welch wunderbarer Gastgeber dieser Mann ist. Ein Mann, der nicht nur am Gaumen schmecken lässt, was er kreiert, sondern uns auch in Wort und Note davon überzeugt, dass Kultur mit Geschmack beginnt und zu oft dort auch endet.


Linktipps

Rezension von Vincent Klinks „Sitting Küchenbull“
Website des Restaurants "Wielandshöhe"

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