François-Pierre de la Varenne
Das berühmte Kochbuch „Le Cuisinier François“ – Der französische Koch – entstammt seiner Feder, dennoch ist der Autor, der mit diesem Werk maßgeblich die europäische Kochkunst prägte weitgehend in Vergessenheit geraten. Eine Einladung François-Pierre de la Varenne neu zu entdecken.
Manchmal sind es Kleinigkeiten, deren alltägliche Verwendung dazu verleitet, sie als gottgegeben anzusehen. Dabei sind es auch die alltäglichsten Handgriffe, die irgendwann einmal auf den definitorischen Punkt gebracht werden wollen.
Kulinarisch gesehen, war der Definitionsgeber der Neuzeit und damit bis weit in die moderne Kochkunst herein der 1615 in Chalon-sur-Saône (nach anderen Angaben 1618 in Dijon) geborene François-Pierre de la Varenne.
Über sein Leben gibt es leider nur wenige stichhaltige Angaben. Sicher ist allerdings, dass er im Hause Heinrich IV. und seiner Frau Maria von Medici kochte, bevor er seine Künste in den Dienst des Marquis d´Uxelles Louis Chalon du Blé stellte. Seine beiden Standardwerke: Der französische Koch (Le Cuisinier François) und der französische Konditor (Le Pastissier François, mod.: pâtissier), 1651 und 1653 erschienen, verfasste der Autor sehr wahrscheinlich parallel, zumindest legen einige Verweise in den historischen Auflagen diesen Schluss nahe. Beide Werke werden in Frankreich, aber auch in England immer noch aufgelegt und die hier erstmals verwendeten Begriffe (au bleu oder au naturel) werden bis heute als Definitionen in der Küche verwendet. Aber auch die französische Ansicht, dass Frankreich das Mutterland der Roux, der Mehlschwitzen ist, wird durch Varenne belegt, denn in seinem Buch findet sich die erste historische Aufzeichnung dazu.
Neuzeit in der Küche
Wie aber konnte der Mann aus dem Burgund so wirkmächtig werden? Er war der erste Koch, der nach neuen Standards jenseits der Zeit des Mittelalters suchte, denn die französische Küche stand zu seiner Zeit immer noch unter dem Einfluss des Mittelalters. Es war an der Zeit, etwas Neues zu entwickeln, um der verblassenden mittelalterlichen Mode der überwürzten Speisen etwas Frisches entgegenzusetzen. Varenne empfahl nicht nur die sparsame Verwendung von Gewürzen, um den Eigengeschmack der Speisen stärker hervorzuheben, er empfahl zudem die Beigabe von Gemüsen zur täglichen Mahlzeit, womit er sie dank seines Erfolges zum festen Bestandteil des Essens werden ließ.
In ihrer Einleitung des Nachdrucks von 1999 (Lewes, East Sussex: Southover Press) kommen die Herausgeber Philip und Mary Hyman zu dem Ergebnis, dass zwischen der Erstveröffentlichung im Jahre 1651 und dem Abebben der ersten Erfolgswelle im Jahre 1754 nicht weniger als 61 Auflagen zu verzeichnen gewesen sind. Das Buch hat demnach ein Jahrhundert lang die europäische Kochgeschichte geprägt. Denn neben den Auflagen in Frankreich kamen Auflagen in England, Italien und Deutschland in dieser Zeit hinzu. Schon wenige Jahre nach Erscheinen der französischen Originalauflage wurde die deutsche Übersetzung in Hamburg aufgelegt.
Kein Wunder, dass der Name Varenne in dieser Zeit als Synonym der klassischen französischen Küche verwendet wurde. Nun wird es Zeit, dass sich ein ambitionierter Verlag im deutschsprachigen Raum findet, der diesen Kochbuchklassiker wieder auf den Markt bringt. Schon allein damit wir die alltäglich verwendeten Küchendefenitionen in ihrer Entstehung studieren können.