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Regionale Küche – Grenzenlos

Wein und Essen verbinden. Gemeinsam genossen bieten sie die Basis für schöne Gespräche und außeralltägliche Momente im Alltag. Beide laden ein zur Kommunikation. Wenn Wein und Speisen harmonisch aufeinander abgestimmt sind, können sie uns durch den neuen Geschmack der Vermählung am Gaumen verzaubern.

Kein Verschnitt: Wein und Speisen werden hier vermählt – Food, Love & Wine

Denn Geschmack löst die Zunge, wie Wein versteht es ein geschmackreiches Essen uns anzuregen. In Zusammenspiel von Wein und Essen kann so nicht nur gelungenes Geschmackserlebnis, sondern ein unvergesslicher Moment, Abend, Zusammensein werden. Wein und Essen bieten Gesprächsstoff, sie laden ein zum Dialog. Was liegt da näher, als wenn sich zwei Spezialistinnen Treffen, um über ihre Leidenschaften zu reden, zu trinken zu essen und den Leser an ihren Erfahrungen und Rezepten regen Anteil nehmen lassen?

„Ich lebe mit meiner Familie in einem beschaulichen Dorf in der Südpfalz, nahe der französischen Grenze. In zehn Minuten bin ich mit dem Fahrrad im Elsass. Hier wie dort lasse ich mich immer vom Marktangebot inspirieren und das schmeckt man auch in meiner deutsch-französischen Küche.“

Kerstin Getto legt mit „Food, Love & Wine. Die besten Rezepte zum Wein“ ihr erstes Kochbuch vor. Dieses in Zusammenarbeit mit der bekannten Somelliere Natalie Lumpp entstandene Buch zeigt, wie sich eine ambitionierte Foodbloggerin entwickeln kann, wenn sie aus ihrer Berufung einen Beruf macht, zu einer ernst zu nehmenden Buchautorin und Rezeptentwicklerin. Denn das im Hölker Verlag erschienen Buch nimmt sich eine Menge vor, denn mit eigenen Rezepten, Bildern und Geschichten möchte die Autorin den Lesern nach eigenen Worten „Mut und Lust machen, die Liebe zum Kochen und zum Wein zu verbinden“, um auf diese Weise eigenen Weinerfahrungen zu sammeln und einen ganz persönlichen Weingeschmack entwickeln zu können. Mithin ein Ansatz, der im Unterschied zu manchen Ratgebern in Sachen Wein und Speisen weniger belehren als Anregungen geben möchte

Regionen grenzenlos gedacht

Jetzt könnte man an dieser Stelle ein Buch erwarten, welches mit den regionalen Spezialitäten der Pfalz aufwartet. In gewisser Weise wird das Buch dieser Erwartung auch gerecht, aber es unterläuft sie gleichzeitig, denn das Regionale wird hier nicht mehr in den engen Grenzen einer vergangenen Zeit, sondern mit den frischen Ideen der kulinarischen Gegenwart gedacht. Hier wird gerne auch auf der französischen Seite der Grenze eingekauft, Mont d´Or, der winterliche Rohmilchkäse aus dem Jura wird hier ebenso frisch mit Rosmarin, Wein und Knoblauch zubereitet, wie ein Lachs nicht gebraten, sondern confiert zart schmelzend auf Gurkensalat gebettet wird. Hier werden Clafoutis genau wie eine Tarte Tatin auch einmal herzhaft zubereitet. Gerade weil sich die Küche der Region erweitert hat, durch die Zutaten und Zubereitungsarten, die aus anderen Regionen kommen. Der Saumagen darf hier dennoch nicht fehlen, nur kommt er in einer modernen Variante „Vespereier Saumagen Style“ als Begleitung für einen leichten Rotwein zur Vesper daher.

Das Kartoffelgratin mit Steinpilzen wird mit einem Gruyére zubereitet, eine Bouillabaisse findet hier so natürlich ihren Platz, wie das mediterrane Ratatouille. Zum einen, da diese Gerichte Einzug in unsere Küchen genommen haben, zum anderen, da die Rezepte in diesem Buch stets eine Vermählung mit einem bestimmten Wein eingehen und so kommt eine klassische Kartoffelcremesuppe mit karamellisierten Apfelscheiben und Blutwurstcroutons, passend gewürzt mit – ja, wir sind doch in der Pfalz heimisch – Majoran, um eine Referenz für passende Sémillonweine zu geben. Die Weine werden zum Gericht passend in ihrer Charakteristik und ihren bekanntesten Varietäten beschrieben, so dass man sich schon bei der Lektüre nicht nur eine Einkaufsliste für die nötigen Zutaten, sondern ebenso für die korrespondierenden Weine zurecht legt. Und dies ist das eigentlich Bemerkenswerte an diesem Buch: Es lädt ein zu einem Dialog zwischen typischen Aromen an Gerichten und den dazu passenden Weinen. Es ist wie ein Dialog zwischen der Autorin und der Sommeliere und zugleich ein Dialog, der den Leser weniger belehren, als ihn zu eigenen Assoziationen anregen möchte.

Wer dann ein paar Weine einfach zu den Gerichten probieren möchte, hat damit endlich den passenden Anlass gefunden, die Winzertrate mit Blutwurst zuzubereiten, die kommt hier mit Munsterkäse und Walnüssen, oder sich endlich mal an einem anderen herzhaften Klassiker dem Schweinerillettes in der Küche zu probieren, vielleicht direkt mit einem dazu empfohlenen  körperreichen Grauburgunder als korrespondierenden Küchenwein. 

Moderne Interpretationen – frische Ideen

Dabei zeichnen sich die Rezepte durchweg durch frische Ideen aus, die Tarte Tatin kommt hier mal nicht mit Äpfel, sondern mit in Portwein gedünsteten Schalotten Variante auf den Tisch, Clafoutis – eigentlich ein wunderbarer französischer Nachtisch – erfahren hier mit Pfifferlingen ihre Veredelung. Dies sind nur einige Rezept-Highlights und wer jetzt denkt, dass dieses Buch nur herzhafte Dinge zum Wein zu bieten hat, dem seien die zahlreichen Desserts wie Apfelbeignets, Crème au Citron oder Pfälzer Dampfnudeln, um an dieser Stelle nur einige Appetitanreger zu nennen nebst passenden Weinempfehlungen ans Herz gelegt. Hier wird eine regionale Küche frisch interpretiert: Geschmackvoll, ohne Grenzen und mit passenden Weinen vermählt.

Tartuffel empfiehlt: Kerstin Getto, Natalie Lumpp: Food, Love&Wine. Die besten Rezepte zum Wein. Hölker Verlag Münster 2017

 

 

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