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Geschwätziges Gemüse: Rhabarber | © Tartuffel

Rhabarber

Geschwätziges Gemüse

 

Wenn man einen Raum betritt, hört man es manches Mal: Hinten in einer Ecke, rund um einen Tisch sitzen Leute und rhabarbern. Das stelle ich mir ähnlich schön vor, wie eine Audienz beim ehemaligen thailändischen König Bhumibol. Auffällig ja nicht nur das lautlose H, welches an zweiter Stelle der Buchstabenreihe gesetzt einen Hauch von unscheinbarer Eleganz verleiht, sondern auch die schöne Lautmalerei. Obwohl: einen thailändischen Kaiser stellt man sich ja eher leisemalerisch wie die lautlose Setzung vor, aber wer weiß das schon als Mitteleuropäer so genau? Zumeist stellen wir ihn uns – also den verstorbenen König von Thailand, nicht den Rhabarber -  ja auch nicht als den leidenschaftlichen Jazzsaxophonisten vor, der er Zeit seines Lebens nun mal tatsächlich war. Aber das ist eine andere akkustische Geschichte.

Kuchen? Schorle? Rhabarber!

Wenn man seinen Rhabarber als Kuchen, sagen wir als Streuselkuchen oder mit Baiser bestellt, sein Rhabarberkompott mit Vanillepudding genießt, oder die Stängel einfach nur in etwas Zucker taucht, um sie seinen Kindern zu reichen, hat man das untrügliche Gefühl, hier Obst in der schönsten Saison des Sommers genießen zu können. Sinnfällig wird es, wenn man die gewaschenen Stangen in grobe Stücke zerteilt, um sie dann in Läuterzucker aufzukochen. Aromatisiert mit etwas Vanille, gefiltert, in Flaschen gefüllt und gekühlt, bilden sie die beste Basis, um als eiskalte Rhabarberschorle den ersten Hitzetagen des Sommers Paroli zu bieten.

Doch weit gefehlt. Denn so eindeutig, wie der Name des thailändischen Königs das an deutsche Klänge und Worte gewohnte Ohr unwillkürlich an einen Blumenkohl erinnert, handelt es sich beim Rhabarber um genau das, was ein Blumenkohl ist: Gemüse. Schon haben wir den Salat, der eben keine Obstkaltschale darstellt. Und natürlich sollte man ihn auch mal als Gemüse verzehren. Wer bisher fälschlicher Weise das Obst in den Stangen gesehen hat, wird erstaunt sein, denn Sous Vide zubereitet ist Rhabarber eine geschmackliche Offenbarung. Ein wunderbares Gemüse zu gegrilltem Fleisch oder Fisch.

Aber lassen wir das. Auch in der nächsten Saison werden wir den Rhabarberkuchen verzehren, ohne eine Gemüseschnitte bestellen zu müssen. Und auch bei der herrlich erfrischenden Rhabarberschorle werden wir auf keinen Fall an einen Grünkohlsmoothie denken. Warum? Ganz einfach: die Apfelsäure der Stangen erinnert uns unzweifelhaft an frisches Obst. Und der schöne rhabarberrote Schimmer allein erfreut das Auge und lässt erst gar keine niederträchtigen grünen Assoziationen in einem aufkommen. Kein Wunder das Kinder, denen grüne Gemüse zumeist erst einmal suspekt sind, bei Rhabarber beherzt zugreifen, obwohl seine Säure und Adstringenz doch eher dagegen sprechen sollten. Also: Eiswürfel und Soda ins Glas, wer mag greift beherzt zum Tonic seiner Wahl und dann her mit dem Sirup, der Auge, Herz und Gaumen erfreut.

Wenn es dann um einen rum rhabarbert, schließt man die Augen, träumt von einer thailändischen Audienz im königlichen Palast und stellt unzweideutig fest, wie geschwätzig doch Gemüse sein kann.

 

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