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Trüffeln - immer ein sinnlicher Genuss | © Meik Halbach

Bericht Trüffelsymposium

Das 6. Trüffelsymposium in Sinzig führte in die molekulare Sprache der Trüffeln ein und entdeckte im Burgundertrüffel die sicherlich  aromatischste Gemeinsamkeit Europas. Wer wissenschaftlich und praktisch sein Trüffelwissen erweitern will, kommt an der Veranstaltung des Ahrtrüffelvereins nicht mehr vorbei.

Molekulare Sprache der Trüffelarten

In den Anfangsjahren kaum beachtet kann das Trüffelsymposium, das im Oktober bereits zum 6. Mal in das Schloss nach Sinzig lud, mittlerweile auf seinen guten Ruf pochen. Insbesondere die internationale Ausrichtung sowie die Verbindung von Wissenschaft und Praxis – kulinarisch wie kultivierend – rechtfertigen das gewachsene Renommee.

In diesem Jahr blieb es Dr. Richard Splivallo von der Universität Göttingen vorbehalten, den wissenschaftlich relevantesten Vortrag zu halten. Der Chemiker erforscht seit mehreren Jahren das Aroma der Trüffeln. Splivallo ist zudem der einzige Wissenschaftler, der in Deutschland an diesem Thema arbeitet. Zusammen mit einem internationalen Forscherteam ist es ihm gelungen, das Genom des Tuber melanosoprum, des sogenannten Périgordtrüffel, zu entschlüsseln. Dabei entdeckte Splivallo die Gene, die vermutlich an der Entstehung des Trüffelgeschmacks beteiligt sind. Der Trüffel würde sich demzufolge eigenständig – und nicht wie bisher vermutet wurde durch Bakterien oder Hefekulturen – aromatisieren.

In seinem Vortrag prägte Splivallo den Begriff der „molekularen Sprache der Fruchtkörper von Trüffelarten“. Damit entstaubte er zugleich die altertümliche Vorstellung, dass das Pheromon „Androstenol“ das Auffinden von Trüffeln durch Hund oder Schweine erleichtere. Tatsächlich handelt es sich bei dem Botenstoff, welchen die Trüffeln aussenden, um ein sehr kleines und einfach strukturiertes Molekül: das Dimethylsulfid. Dieser Geruchsstoff zieht jedoch neben den spezialisierten Trüffelhunden und -schweinen auch andere Tiere an. Zudem ist das Dimethylsulfid das bisher einzige „Wort“ der Trüffelsprache, welches vollständig entziffert werden konnte.

Das von Splivallo angedeutete Bedeutungsuniversum ist umso spannender, als der Wissenschaftler ausführen konnte, dass die chemischen Substanzen nachweislich einen Effekt zeitigen, man aber noch gar nicht die passenden Worte dafür gefunden hat. So lässt sich zeigen, dass die Trüffeln es verstehen, Bäume zu täuschen. Indem sie chemische Stoffe produzieren, locken sie die Wurzeln der Bäume quasi an, beeinflussen also direkt deren Wachstum. So geht der Pilz mit den Wurzeln der Bäume eine Symbiose ein, wobei er diese aktiv einfordert. Auch hierfür verfügen die Trüffeln über eine eigene Sprache, die bisher noch nicht vollständig entschlüsselt worden ist.

Darüber hinaus zählt zur Trüffelsprache ein Vielfalt von Aromen, deren molekularer Aufbau mitunter noch ungeklärt ist. In der Wissenschaft sind mehr als 200 dieser Aromen bekannt. Sie finden sich auch im Burgundertrüffel, der in Deutschland gedeiht, aber ebenso im Périgordtrüffel oder im Albatrüffel. Ein Burgundertrüffel produziert etwa 20 bis 50 "Aromencluster“. Für den Chemiker ist es leicht, diese "Worte" zu studieren und dieses Alphabet als chemische Syntax zu verstehen. Wesentlich schwieriger gestaltet sich jedoch der Versuch, die Semantik, also die Bedeutung dieser Botenstoffe zu erfassen. Diese Aufgabe eröffnet ein interessantes wissenschaftliches Betätigungsfeld. Denn den meisten identifizierten „Worten“ der Trüffeln fehlt in dem „Wörterbuch“ noch die Definition ihrer Bedeutung. Angesichts des Wertes, den Trüffeln faktisch besitzen, ist in den kommenden Jahren wertvolle Pionierarbeit zu erwarten, deren Nutzen auch auf andere Naturprodukte Anwendung finden könnte.

Burgundertrüffeln – die europäischen Trüffeln

Gérard Chevalier, der der führenden Trüffelforscher Frankreichs erweiterte Splivallos Vortrag noch in eine andere Richtung.  Zum einen konnte er wertvolle praktische Hinweise für den zielgerichteten Anbau einer Truffiere, einer Trüffelplantage vermitteln. Erst allmählich begreife man den Zusammenhang von Wirtspflanzen, Beivegetation, der Beschaffenheit des Bodens und der Strukturierung der Oberflächen des Bodens, um einen guten und vor allem zügigen Ertrag erlangen zu können. Eindrucksvoll zeigte Chevalier auf, dass es beim Verständnis des Trüffelanbaus nicht nur auf jahrelange Erfahrung ankommt, sondern vor allem auf die Fähigkeit, durch genaues Beobachten selbst alte Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen. Ließ man früher die Oberfläche des Bodens einer Truffiere möglichst unberührt, so zeigt sich seit einigen Jahren, dass eine teilweise Lockerung der Bodenoberfläche zu deutlich schnelleren Erträgen führen kann.

Doch damit nicht genug: Chevalier schlug eine neue Definition des Burgundertrüffels vor. Denn diese Trüffeln stellen einen verbindenden Charakter unter den Genießern dar. Die Burgundertrüffeln sind die europäischen Trüffeln, man findet sie in wesentlich mehr europäischen Ländern als noch bis vor wenigen Jahren angenommen, und man findet sie ausschließlich in europäischen Ländern. Daher sollte man die Burgundertrüffeln, so Chevalier, auch als Europatrüffeln bezeichnen.

Trüffeln – gerade auch im Sommer

Nicht nur die Burgundertrüffeln, sondern auch die Sommertrüffeln können in Europa genossen werden. Doch mittlerweile muss man auch auf die begehrten Périgrodtrüffeln im Sommer nicht mehr verzichten. In seinem Vortrag führte der in Deutschland führende Trüffelhändler und versierte Trüffelexperte Ralf Bos aus, dass man die seit einigen Jahren in Australien gefundenen Trüffeln eindeutig in die Kategorie der aromatischsten Trüffeln einordnen sollte. Auf diese Weise sind dem Trüffelgenuss keine zeitlichen Grenzen mehr gesetzt. Nicht umsonst sprach Bos vor allem darüber, wie sehr Trüffeln es vermögen, Menschen glücklich zu machen. Allein ihr Duft lässt einen den Alltag vergessen und lädt schon im Vorfeld zu einem unvergleichlichen Genuss ein. Das Auditorium bekam diese These praktisch vorgeführt, denn der Trüffelexperte hatte eigens zum Symposium einige Exemplare der aromatischen Albatrüffeln mitgebracht. Das Aroma dieser Trüffeln versetzte die Teilnehmer tatsächlich in glückliche Erwartung des traditionell zum Abschluss des Symposiums zelebrierten Trüffel-Menüs im nahe gelegenen Spitzenrestaurant „Vieux-Sinzig“.

Auf die weitere Erkundung des Trüffeluniverums darf man weiterhin gespannt sein. Spätestens auf dem 7. Trüffelsymposium am 2. und 3. Oktober 2012 in Sinzig. Gut möglich, dass bis dahin schon die ersten Trüffeln der vereinseigenen Truffiere vorliegen. Damit begänne in Deutschland jene neue Trüffelzeit, um die sich das Trüffelsymposium des Ahrtrüffelvereins seit Jahren so engagiert bemüht.

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