Hybrid aus Zitronatzitrone und Bitterorange

Hybrid aus Zitronatzitrone und Bitterorange | von io.Zombieontheroad at it.wikipedia [Public domain], vom Wikimedia Commons

Bergamotte

Und nicht nur in Kölnisch Wasser

Nicht nur für Earl Grey

In der Regel kennt man lediglich ihren Duft, vorzugsweise in schwarzem Tee, der durch ihr Aroma zum grauen Earl geadelt wird. Doch meist weiß man die Spenderin dieses  betörenden Duftes lediglich zu benennen, aber nicht zu beschreiben – die Bergamotte.

 

1714 wird es eine bemerkenswerte Neuerung beim Unternehmen Farina zu Köln geben. Johann Maria Farina tritt in das Unternehmen, welches sein Bruder fünf Jahre zuvor gegründet hatte, ein. Mit seinem Einzug vermerkt die Buchführung der späteren Firma „Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz“ einen neuen Posten. 1714 bezieht das Unternehmen erstmals Bergamotten, den gerade entwickelten Hybriden aus Zitronatzitrone und Bitterorangen, eine Frucht, die unwillkürlich durch ihren Duft betört. Dieser Duft bildet die Grundlage eines Elixiers, welches weltweit zu einem feststehenden Begriff werden wird, so unfassbar ist sein Duft, so grandios ist der Siegeszug durch die Adelshöfe Europas. Denn Farina entwickelt auf der Grundlage des Duftes der Bergamotte sein Eau de Cologne, das Kölnisch Wasser, damals auch bekannt als der „Duft von Farina“. Der am 8. Dezember 1685 im Piemont geborene Farina umschreibt den Duft seines Wässerchens folgender Maßen:

„Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüten und Kräuter meiner Heimat.“

Der Erfolg seines kölnischen Wassers war so revolutionär, dass der Begriff Eau de Cologne (nicht zu verwechseln mit Original Eau de Cologne, welches lediglich den Duft einer weltberühmten Zahl – 4711  –  beschreibt und auch erst wesentlich später kreiert wurde) der Name einer ganzen Duftklasse wurde.
 

Pflanze und Frucht

Die immergrüne Bergamotte-Pflanze kann bis zu vier Metern groß werden und erinnert an Zitronenbäume.  Sie wächst in einem schmalen Küstenstreifen in Südwestitalien. Die Frucht ist rundlich bis leicht birnenförmig und hat ein Gewicht von 100 bis 200 Gramm. Geerntet werden die Früchte zwischen November und April. Roh ist die Frucht nicht zu genießen, da sie sehr sauer und leicht bitter schmeckt. Das ätherische Bergamotte-Öl, welches auch zur Parfümherstellung verwendet wird, wird aus der Schale der Frucht gewonnen. Etwa 200 Kilogramm Früchte müssen gepresst werden, um einen Liter Bergamotte-Öl zu gewinnen. Doch das Öl ist mit mehr als 350 Aromen derart Komplex und vielschichtig, dass es nicht nur für belebend duftende Parfüme reserviert bleibt.

Es wird zudem zum Aromatisieren von Teeblättern verwendet, dient aber auch als Basis für Zitrusgetränke, Süßigkeiten und zur Herstellung von Likören. In England wird das Bergamotte-Öl zur Aromatisierung mancher Gin-Sorte verwendet. In seiner Heimat Kalabrien werden Frucht und Schale zur Herstellung von Sorbets, Fruchtsalaten, Marmelade und zur Aromatisierung von Desserts und Keksen verwendet. Das Öl selbst gilt als anregend und stimmungsaufhellend. Verwenden kann man Frucht und Schale in der Küche ähnlich wie Zitronen und Limetten, allerdings wesentlich sparsamer, da es wesentlich aromatischer ist. Daher ist es auch kein Zufall, dass die Frucht seit geraumer Zeit Einzug in die gehobene Küche gefunden hat, denn das komplexe Aroma kann auf vielfältige Weise eingesetzt werden. In seinem Buch "Aroma" geht Thomas Vilgis auf die Frucht ein und empfiehlt die Schale oder das Öl nicht nur zu Desserts zu verwenden, sondern auch in Kombination mit Ziegenkäse, oder zur aromatischen Ergänzung für Speisen, die mit klassisch mit Thymian, Kurkuma oder Zimt gewürzt werden.

Ganz profan kann man es aber auch verwenden, um einen gewöhnlichen Eistee, Longdrink oder Cocktail in eine aromenreiche Erfrischung zu verwandeln.

Linktipp

Website des Duftmuseums im Farina Haus
 

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